Ein großer inhaltlicher Rückblick auf 10 Jahre RaT. Von Esther Heinrich-Ramharter.
Gleichzeitig ist der Beitrag ein Vorgeschmack auf J-RaT 1/2020.
Im Jahr 2010 richtete das Rektorat der Universität Wien die Forschungsplattform „Religion and Transformation in Contemporary European Society“ (RaT) ein, deren Name später zu „Religion and Transformation in Contemporary Society“ geändert wurde. RaT fungiert als Trägerorganisation für das 2015 gegründete „Journal for Religion and Transformation in Contemporary Society“ (JRAT). Aus Anlass des 10jährigen Bestehens von RaT nimmt die Philosophin Esther Ramharter die Bedeutung des Begriffes „Transformation“ in den Blick. Sie geht dabei der Frage nach, welche Verwendung dieser Begriff in den Publikationen der RaT-Mitglieder gefunden hat. Eine Rückschau auf 10 Jahre RaT.
Die Rede von „Transformation“ ist unter anderem im Kontext gesellschaftlicher Veränderungen allgegenwärtig. Ist mit dem Ausdruck etwas Spezifisches gemeint, oder wird er, wie es manchmal scheint, eher unverbindlich und austauschbar verwendet? Der vorliegende Text liefert eine allgemeine Untersuchung von Geschichte, Bedeutung und Relevanz des Begriffs „Transformation“, insbesondere im Kontext von Religion, und verfolgt systematische Zwecke (ein historischer Überblick über Entwicklungen von Religionen wird nicht gegeben)[1]. Dabei sollen Konvergenzen in den Forschungen der Mitglieder von RaT deutlich gemacht werden.
1) Geschichte des Begriffs
Die Ursprünge eines Begriffs lassen sich nicht bloß aufgrund des Umstands, dass sie meist zu tief in der Geschichte vergraben liegen, kaum ausmachen, sondern auch schon aus allgemeinen methodischen Gründen muss ihre Fixierung als schwierig erachtet werden: Welche Art der Verwandlung darf ein Begriff durchmachen, um noch als derselbe Begriff zu gelten? Aristoteles untersucht die verschiedenen Verwendungsweisen von γίγνομαι (ein ungebildeter Mensch wird zu einem gebildeten Menschen, aus ungebildet wird gebildet, aus Erz wird eine Statue,…).[2] Erst der Ausdruck μεταμόρφωσις wird jedoch in der Regel als synonym mit „Transformation“ angesehen – wobei es allerdings noch zu bedenken gilt, dass als lateinisches Pendant zu μεταμόρφωσις durchaus auch metamorphosis zur Verfügung steht, und transformatio so eine gewisse semantische Eigenständigkeit beanspruchen könnte. In der Geschichte rückwärts gedacht, lässt sich aber jedenfalls festhalten, dass μεταμόρφωσις den historischen Vorläufer von transformatio darstellt. μεταμόρφωσις/μεταμορφoω findet sich, laut Liddell&Scott[3], an zahlreichen, mehrheitlich neutestamentlichen[4] Stellen belegt: Galenos 19.478, Röm. 12.2, Plu 2.52d, 2 Kor. 3.18, Mt. 17.2, u.a. Den Ausdruck transformare trifft man prominent etwa bei Ovid und Vergil an.
Das deutsche „Transformation“ entsteht im 16. Jh. aus dem spätlateinischen transformatio. Es wird nur bis ins 17. Jh gebraucht (das Grimm’sche Wörterbuch sagt das zumindest für „transformieren“),[5] dann verlaufen sich die Spuren, bis es (im 19. Jh.), in anderer Bedeutung, (von der Soziologie?)[6] wiederentdeckt wird.[7] Ähnlich verhält es sich im Englischen. So verwendet, z.B, Herbert Spencer 1862 in den First Principles das Wort „transformation“. Den bekanntesten Auftritt hat der Begriff vielleicht in The Great Transformation (1944) von Karl Polanyi: Er sieht diese alles verändernde, große Transformation im Übergang zur Marktwirtschaft, die die Wirtschaftsordnung von der gesellschaftlichen Ordnung trennt und ihr überordnet.
2) „Transformation“ in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen
In den Wissenschaften hat der Begriff der Transformation eine starke Ausdifferenzierung erfahren. In vielen Disziplinen weist er heute eine für die jeweilige Wissenschaft charakteristische Bedeutung auf. So meint man in der Mathematik etwa mit „Transformationen“ Bewegungen oder allgemeiner Abbildungen. Die Didaktik kennt ein „transformatives Lernen“ (das den Lernenden selbst verändert) und die „didaktische Transformation“ von Inhalten zur Vermittlung an Lernende (ein technischer Begriff, der verschieden gebraucht wird, aber jedenfalls nicht Simplifizierung meint).[8] In der Politikwissenschaft verändert sich der Begriff in Übereinstimmung mit der Verlagerung der Brennpunkte der Diskussionen: Er meinte über eine längere Periode in erster Linie die Übergange von Diktaturen zu Demokratien (insbesondere „third wave democratization“ nach 1974: Rechtsdiktaturen Südeuropas, kapitalistische Autokratien Ostasiens, sozialistische Staaten Osteuropas,[9] militärische Regime in Süd- und Mittelamerika),[10] heute dagegen stehen die Veränderungen im Irak und allgemeiner im Nahen Osten im Fokus. In der Linguistik bedeutet „Transformation“ relativ eindeutig die Konvertierung einer syntaktischen Form in eine andere nach Regeln. In der Literaturwissenschaft dagegen tritt der Begriff in sehr verschiedenen Bedeutungen auf, meist als eine Art Veränderung eines Textes (z.B. Übersetzung, Überarbeitung,…) in Abgrenzung von anderen Arten solcher Veränderungen (z.B. Absorption, Zitat,…).
Die beiden „Leitdisziplinen“ für das Thema der Transformation im Kontext von Religion und Gesellschaft sind die Sozialwissenschaften (Soziologie, Politikwissenschaft, Religionswissenschaft) und die Theologie.
Die Sozialwissenschaften untersuchen Transformationen von Gesellschaften, auch von Kirchen und Religionen.[11] Sie gehören zu den wenigen Disziplinen, in denen auch explizit auf den Begriff der Transformation reflektiert wird: Was bedeutet er und zu welchem Zweck soll er verwendet werden?[12] Auf welche historischen Vorkommnisse bezieht er sich?[13] Ist Transformation imitativ?[14] Setzt Transformation (bewusste) Akteure voraus?[15] In den einschlägigen Diskussionen finden sich an einem Ende des Spektrums evangelikale Christen, die den Begriff der „Gesellschaftstransformation“ vereinnahmen oder zu vereinnahmen versuchen – sie sprechen von „Gesellschaftstransformation“ ohne Spezifizierung, wenn sie Transformation einer Gesellschaft durch das Christentum meinen.[16] Am anderen des Spektrums stehen eher linke Theoretikerinnen, die den Begriff der Transformation ebenfalls für sich beanspruchen und von „kritischer Transformation“ sprechen.[17] Immer wieder nahmen einschneidende soziale Änderungen den Begriff derart in Anspruch, dass seine Bedeutung nahezu exklusiv auf den jeweiligen Bereich bezogen wurde, so etwa in den 1990er Jahren, als „Transformation […] relativ plötzlich zum gleichsam universellen Catch-Wort für Untersuchung und Konzeptualisierung der vielfältigen gesellschaftlichen Prozesse geworden [war], welche dem raschen Zusammenbruch der sozialistischen Staaten in Europa folgten.“[18] Aktuell ist „‚Transformation‘ oder auch ‚Große Transformation‘ […] weitgehend und nahezu übereinstimmend zu einem Leitbegriff für den anstehenden gesellschaftlichen Umbau hin zu einer nachhaltigen, ökologisch (und sozial) sensiblen Entwicklung geworden.“[19] Dem wird u.a. in mehreren Masterstudiengängen „Transformationsstudien“ in Deutschland Rechnung getragen.[20]
Die Theologie macht vom Begriff der „Transformation“ in verschiedenen Bereichen und auf verschiedene Weise Gebrauch: Die „empirische Wende“ in der Pastoraltheologie der 1960er Jahre, im Rahmen derer praktische Theologie als Handlungswissenschaft verstanden wird, verwendet den Begriff auf mannigfache Weisen, vor allem aber hat sie Transformationen der Einzelnen – unter welchem Titel auch immer – zum Gegenstand. Die Missionswissenschaft kennt eine „transformative Mission“, und schließlich verfügt die Theologie auch über genuin theologische Transformationsbegriffe wie Verklärung, Transsubstantiation, etc.
3) Paradigmen des Transformationsbegriffs
Beim Durchgang durch die sehr vielfältigen und heterogenen Vorkommnisse von „Transformation“ zeichnen sich doch einige Paradigmen ab, als da wären: (1) Formverwandlung (Metamorphose), (2) Gesellschaftsveränderung, (3) Selbst-/Lebensvervollkommnung, (4) Veränderungen von Texten, und (5) Übertragung, Abbildung. Im Folgenden werden – um diese Paradigmen zu erläutern – jeweils Beispiele aus Publikationen von Mitgliedern von RaT gewählt.
(1) Formverwandlung (Metamorphose)
In seinem Beitrag „Der geteilte Mensch. Einige Gedanken zu Schöpfung, Transformation und Geschlecht in der rabbinischen Tradition“ greift der Judaist Gerhard Langer nicht nur auf den ursprünglichen, antiken Begriff von Transformation als Metamorphose zurück, sondern folgt auch in seiner Vorgangsweise jener von Ovid. Da diese Bedeutung des Wortes an den historischen Anfängen des Transformationsbegriffs steht, wird das entsprechende Paradigma hier relativ ausführlich dargestellt. Ovid dekliniert in den Metamorphosen die verschiedenen (kombinatorischen) Möglichkeiten von Verwandlung durch: Ein Wesen wird in ein anderes verwandelt, ein Wesen wird geteilt in zwei, zwei Wesen werden zum einem, ein Mädchen wird zu einem Knaben, ein lebendes Wesen wird zu einem toten, etc.[21] Bei Langer nimmt das folgende Gestalten an:
„Die Abstammung aus einem Ursprung, so die Mischna, hat nichts mit Konformität zu tun. Im Gegenteil. Jeder Mensch ist ein unvergleichliches und unwiederholbares einzigartiges Gebilde, das Adam erst konkretisiert. Jede dieser Konkretisierungen transformiert Adam von einem „formal-idealen“ zu einem „material-realen“ Wesen.“[22]
Hier liegt also ein Fall einer 1-in-1-Transformation vor. Eine 1-in-2-Transformation findet sich etwas später:
„Auch wenn eine direkte Übernahme des Materials aus dem Bundahischn in die palästinisch-rabbinische Tradition in Genesis Rabba eher unwahrscheinlich ist, legt es sich doch nahe, dass die Vorstellung der Transformation von einem androgynen Menschen zur zweigeschlechtlichen – sexuell aufeinander bezogenen – Menschheit von indo-europäischen Überlieferungen beeinflusst ist, die weit verbreitet waren.“[23]
Auch der umgekehrte Fall, eine 2-in-1-Transformation wird von Langer beschrieben, allerdings im Anschluss an eine vorangegangene 1-in-2-Metamorphose:
„Es findet also eine doppelte Transformation statt. Während durch den (brutalen) Trennungsakt des einen androgynen Adam die Geschlechter entstehen, wird durch die Vereinigung – in der ehelichen Partnerschaft – der Mensch wieder zur ursprünglichen Einheit. Darauf bezieht sich auch das biblische Bild aus Gen 2,23: „Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch […].“[24]
Schließlich sei noch ein Beispiel für einen weniger eindeutig bestimmten Transformationsprozess genannt, den Langer anspricht:
„Es wäre […] verkehrt zu vermuten, dass Gott in den regulären Kreislauf der Welt eingreifen müsste, um seine Schöpfung zu erhalten. Vielmehr geht die Welt ihren Gang. Doch einen Transformationsprozess scheint er täglich neu in Gang halten zu müssen, den von einem ,Einsamen‘ zu einem ,Gemeinsamen‘.“[25]
Während die ersteren Beispiele uns – zumindest auf den ersten Blick – sehr dem Geist vergangener Zeiten entsprungen zu sein scheinen, lässt das letztere schon deutlich eine Verbindung mit den gesellschaftlichen Vorgängen erkennen, die wir heute als typische Vertreter des Begriffs der Transformation ansehen würden. Ein zweiter Blick auf jene Beispiele geschlechtlicher Metamorphosen lässt aber auch an ihnen etwas Aktuelles ausmachen, sind doch das Verhältnis der Menschen zu ihrem Geschlecht und die Möglichkeiten, daran Veränderungen vorzunehmen, in den letzten Jahren zu einem zentralen gesellschaftlichen Thema geworden.
(2) Gesellschaftsveränderung
Gesellschaftsveränderung stellt im Kontext von Religion sicher eine der Hauptbedeutungen von „Transformation“ dar. Entsprechend zahlreich sind die Beispiele, die sich für Veränderungen der Gesellschaft im Zusammenhang mit Religion – auch in den Arbeiten von RaT-Mitgliedern – finden lassen. Es folgt daher nur eine kleine und relativ willkürliche Auswahl.[26]
In seinem Aufsatz „Aladura: Ritualwandel in Westafrikanischen Kirchen“ erläutert der Religionswissenschaftler Gerald Hödl: „,Aladura‘ bedeutet ,Besitzer des Gebetes‘; das Wort spielt auf die zentrale Rolle des Gebetes und die dem gesprochenen (Gebets-)Wort zugeschriebene Kraft in [den in Westafrika entstandenen Aladura-]Kirchen an.“[27] Eine wichtige Veränderung, die in dem Aufsatz thematisiert wird, fasst Hödl so zusammen:
„Jedenfalls aber ist der augenscheinlichste rituelle Wandel in diesen Christentümern die starke Betonung von Riten zur Wende einer Not. […] Die genannte Verlagerung des Schwerpunktes ritueller Aktivitäten, die es mit sich bringt, dass Träume, Visionen und eigene Reinigungs- und Heilungsriten eine starke Rolle im rituellen Leben dieser Kirchen spielen, weist deutliche funktionale und strukturelle Äquivalenz zu [Westafrikanischen Traditionellen Religionen] auf.“[28]
Hier wird unbestreitbar ein gesellschaftlicher Prozess beschrieben, allerdings ohne Verwendung des Begriffs „Transformation“. Eine hinsichtlich der Terminologie typische Passage widmet sich der Unterscheidung verschiedener Faktoren für religiöse Transformation:
„Klaus Hock unterscheidet zwischen exogenen und endogenen Faktoren für religiösen Wandel. Erstere wirken von außen auf eine Religion ein und führen so zu deren Transformation, letztere entstehen im Gebiet der jeweiligen Religion selbst. Zusätzlich unterscheidet Hock zwischen „religiösen“ und „kontextuellen“ Faktoren, die religiösen Wandel bedingen und bemerkt, dass die Trennung dieser Faktoren eine mehr theoretische Angelegenheit ist, da in der religiösen Realität „die Ursachen des Religionswandels“ einander „in mannigfaltiger Form“ bedingen und „vielfach ineinander verwoben“ sind.“[29]
Der häufigste der mit „Transformation“ (annähernd) äquivalenten Begriffe ist in diesem Aufsatz „Wandel“, es herrscht aber augenscheinlich eine große Vielfalt: Neben „Wandel“ findet sich „Wende“, „Verlagerung des Schwerpunkts“, „Transformation“, „Transfer“ und diverse Zusammensetzungen wie „Religionswandel“.[30]
Auch der Islamwissenschaftler Rüdiger Lohlker beschreibt die Veränderungen, die er konstatiert, manchmal unter dem Begriff „Transformation“, häufiger aber in anderen Begriffen. Ich nenne hier jeweils ein Beispiel: In seinem Aufsatz „Collective Organizers: Lone Wolves, Remote Control, and Virtual Guidance” heißt es: „Indeed, another example [car attacks] that illustrates the common refusal to understand that jihadis are adopting societal possibilities in their pursuit of attacking societies.“[31] In einer Passage aus seinem Aufsatz „Geschichtstheologie aus eschatologischer Sicht“ dagegen wird ein, dem Typus nach ähnlicher, Adaptionsvorgang mit dem Terminus „Transformation“ versehen: „Wenn auch die IS-Videoproduktion in jüngerer Zeit einer Transformation unterliegt, ist kein grundsätzlicher Rückgang der Medienproduktion festzustellen.“[32]
In dem Aufsatz „Political Protest in Asylum and Deportation“ von Sieglinde Rosenberger findet sich ein einleitender Abschnitt, der den Begriff „transformation“ an den Anfang einer sozialwissenschaftlichen Beschreibung stellt:
„European societies have been confronted with rapid social and cultural transformation, which took on a new magnitude with the “long summer of migration” in 2015. In general, the perceptions and experiences of change never go uncontested; change gives rise to conflicts and struggles over collective identities, policy, and legal responses. International migration flows and related issues such as asylum and the deportation of non-citizens have grown into one of Europe’s most controversial and politicized topics. Political parties campaign on these issues, but there is also political protest articulated by movements, activists, grassroots organizations and ordinary citizens. These acts of resistance are gaining in qualitative and quantitative importance. They include voices for more liberal and open stances towards migration on the one hand, and voices calling for greater deterrents and coercive policy approaches on the other.“[33]
Auch Rosenberger geht allerdings, wie man schon anhand dieser Passage ahnen kann, eher sparsam mit dem Begriff „Transformation“ um.
In dem Text „Öffentliche Religionen zwischen Kulturalismus und säkularer Vernunft“[34] des Juristen Stefan Hammer zeigt sich diese Tendenz noch verstärkt: Der Term „Transformation“ kommt überhaupt nicht vor. Gleiches gilt für den ebenfalls von einem Juristen, Richard Potz, verfassten Aufsatz „Religiöse Pluralisierung der Zivilgesellschaft als Herausforderung des säkularen Rechtsstaats“. Und das, obgleich beide Veröffentlichungen ohne Zweifel von Gesellschaftstransformationen verschiedenster Art handeln. Das einschlägige Vokabular ist in der folgenden Passage sogar besonders variantenreich:
Die aktuelle religiöse Pluralisierung der europäischen Gesellschaft stellt das Religionsrecht der europäischen Staaten vor neue Herausforderungen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die religiöse Pluralisierung mit einer Reihe von Phänomenen zusammenhängt, die sowohl komplementär als auch antagonistisch und manchmal beides zugleich wirken. Dazu gehören nicht nur die unterschiedlichen Säkularisierungsprozesse, […] sondern eine Reihe weiterer Kategorien, wie Sakralisierungen bzw. Re-Sakralisierungen, neue Formen der Verkirchlichung und die Präsenz von Religion in Politik und der zivilgesellschaftlichen Öffentlichkeit. All dies spielt sich zusätzlich vor der Kulisse einer rasant zunehmenden medialen Aufmerksamkeit ab, sodass all die genannten Prozesse durch mediales Heranzoomen oft eine überproportionale Sichtbarkeit erlangen.[35]
Insgesamt lässt sich feststellen, dass in den Sozialwissenschaften nahestehenden Arbeiten – zumindest jenen der RaT-Mitglieder – Gesellschaftstransformationen zwar ohne Zweifel der Gegenstand der Untersuchung sind, der Begriff der „Transformation“ aber eher zurückhaltend gebraucht wird – sehr im Unterschied, wie wir noch konstatieren werden, zu den Autoren, die Textexegese betreiben.
(3) Selbst-/Lebensvervollkommnung
Bei diesem Verständnis von „Transformation“ handelt es sich, so könnte man sagen, um ein genuin didaktisches. Keineswegs jedoch trifft man es nur in der Forschung zur Didaktik an. Hans Gerald Hödl etwa stellt im Vorwort des von ihm mitherausgegebenen Bandes Christliche Rituale im Wandel: Schlaglichter aus theologischer und religionswissenschaftlicher Sicht die transformative Funktion von Ritualen einer nur konfirmativen gegenüber:
„Rituale sind, entgegen den Voraussagen mancher Beobachter, nicht ausgestorben, haben sich aber gewandelt – ein wesentlicher Einwand gegen die Idee, dass Rituale gerade durch ihre Unwandelbarkeit charakterisiert sind. In der zeitgenössischen Ritualforschung sind hier die Begriffe der „Ritualkritik“ und der „Ritualdynamik“ ins Treffen geführt worden; die transformative – nicht nur: konfirmative – Funktion von Ritualen ist in spezialisierter Feldforschung schon länger dargetan worden.“[36]
(4) Veränderungen von Texten
Marianne Grohmann charakterisiert in ihrem Aufsatz „Rezeption und Übersetzung. Jüdische und christliche Transformationen der Hebräischen Bibel“ einen Transformationsprozess, der das eben besprochene Motiv der Lebensvervollkommnung mit jenem der Hermeneutik von Texten verbindet:
„Der Transformationsprozess ist ein doppelter: Einerseits werden Bibeltexte dadurch transformiert, dass ihr feststehender Konsonantenbestand auf unterschiedliche Weise vokalisiert wird. Andererseits werden die Texte der Hebräischen Bibel von den Rabbinen herangezogen, um die Halacha, die konkrete Lebenspraxis, zu transformieren.“[37]
Hier kommt in einem kurzen Absatz der Ausdruck „Transformation“ bzw. „transformieren“ gleich dreimal vor. Ein weiterer Aufsatztitel von Grohmann lautet „Literarische Transformationen sexueller Gewalt in der Hebräischen Bibel“[38]. Jako Deibl kommentiert eine Passage aus Rilkes Stundenbuch mit: „Dann ereignet sich eine Transformation der Sprache in ein Gebet.“[39] Generell lässt sich beobachten, dass Exegeten den Ausdruck „Transformation“ häufiger und unbefangener zu verwenden scheinen, und es lässt sich vermuten, dass das daher rührt, dass der Begriff in den Sozialwissenschaften semantisch fester gebunden ist.
(5) Übertragung, Abbildung
Dieses Paradigma findet ein sehr heterogenes Feld von Anwendungen. Den Spezifizierungen, wer was worauf und zu welchem Zweck überträgt, sind nahezu keine Grenzen gesetzt: Kurt Appel spricht in einem Aufsatz über den als einer der letzten Universalgelehrten geltenden Theologen Antonio Rosmini (1797-1855) und dessen Kritik an der Kirche von „Transformation der Kritikpunkte Rosminis in die Gegenwart“[40]. Ebenso bei Appel finden sich folgende Belege für „Transformation“:
„Weiters ist die Pyramide errichtet, um den Tod zu verbergen. Das Enigma des Todes ist es also, an dem das Ich seinen radikalen Selbstentzug erleidet und den es in einer weiteren Transformation festhält als Undurchdringlichkeit des Zeichens, wie sie die Hieroglyphe charakterisiert.“[41]
„Wie in der eucharistischen Wandlung die durch Brot und Wein gestaltete Seinsordnung ganz in den Körper Jesu transformiert wird, vollzieht sich hier eine Transformation von dämonischer Wüste in die eschatologische, d. h. festliche Versammlung des befreiten Gottesvolkes.“[42]
Die Beispiele sind bewusst alle vom selben Autor gewählt, da besonders augenscheinlich wird, wie vielfältig die Verwendung von Transformation unter diesem Paradigma ist, wenn sich schon bei einem einzelnen Autor derart verschiedene Anwendungsbereiche finden lassen.
4) Ein allgemeiner Begriff von Transformation?
Als Befund lässt sich festhalten, dass es (in den Wissenschaften) sehr viele spezielle Verwendungen von „Transformation“ gibt. Der Versuch, sie unter gewisse Paradigmen zu subsumieren, endet mit einer immer noch erklecklichen Anzahl solcher Paradigmen. Unter diesen ist Gesellschaftstransformation wohl das prominenteste und am weitesten verbreitete, keineswegs aber umfassend genug, um alle auftretenden Fälle abzudecken.
Im Bemühen um eine tatsächlich allgemeine – im Sinn von: alle Fälle einschließende – Definition von „Transformation“ sieht man sich der Gefahr ausgesetzt, in Beliebigkeit zu münden: „Transformation [ist] tatsächlich ein Alltagswort, denn wo wird nicht etwas umgewandelt und umgeformt.“[43] Allerdings liegt in einer großen Allgemeinheit eben auch ein Potential: „Die Karriere des Begriffs ist atemberaubend. Und es ist sicher zu einem großen Teil gerade diese Beliebigkeit, welche die Mode macht, denn ‚sexy‘ ist der Begriff nun wahrlich nicht. Er strahlt eher eine Langeweile aus […].“[44] Einen generischen Begriff von Transformation zu finden oder festzulegen, der auf alle Bereiche anwendbar[45] und dennoch nicht beliebig ist, hätte zumindest den Sinn, gemeinsame Aspekte von Veränderungen in verschiedenen Bereichen erkennbar werden zu lassen.
Ein Vorschlag für eine solche Festlegung könnte etwa sein, Transformation als eine Veränderung zwischen den Extremen „Transsubstantiation“[46] und „Veränderung unbedeutender Akzidenzien“ zu verstehen. Der Begriff würde also verwendet werden, wenn man weder sagen möchte, dass eine Sache aufhört zu sein und durch eine andere ersetzt wird bzw. eine andere wird, noch, dass die Sache gleichgeblieben ist bzw. immer noch dieselbe Sache ist (nur ein paar Marginalien verändert sind). Die zwei Extreme, die dann mit dem Begriff Transformation eben nicht gemeint wären, seien an einem Beispiel veranschaulicht: Wenn der Untersuchungsgegenstand die Bevölkerung in einer bestimmten Region ist, dann wäre eine Völkerwanderung, in der die gesamte Bevölkerung durch eine andere ersetzt würde, eine „Transsubstantiation“; eine Änderung der Nächtigungszahlen in Hotels von einem Tag auf einen anderen dagegen nur eine „Veränderung unbedeutender Akzidenzien“. Der Begriff in seiner ursprünglichen Bedeutung von „Metamorphose“ exemplifiziert ebenfalls dieses Verständnis: Wenn bei Ovid eine Verwandlung einer Jungfrau – Daphne – in einen Baum stattfindet, so liegt dem auch die Vorstellung zu Grunde, dass man es immer noch mit dem selben Wesen zu tun hat, das aber doch in existentiell bedeutsamer Weise verändert wurde.
Auch in den oben angeführten Textpassagen aus den Sozialwissenschaften, insbesondere aus der Arbeit von Sieglinde Rosenberger, handelte es sich, diesem Verständnis zufolge, tatsächlich um Transformationen, denn die Migrationsbewegungen in Europa, von denen dort die Rede ist, sind weder marginale Veränderungen noch werden die Identitäten der Kulturen und Gesellschaften völlig ausgewechselt; was sich ereignet, liegt eben zwischen diesen Extremen.
Aber nicht nur in den Sozialwissenschaften passt dieses Verständnis des Begriffs „Transformation“ zu der tatsächlichen Verwendungsweise. Anhand des Aufsatzes „Die Realisierung des religiösen Heils in der Geschichte. Anmerkungen zur Transformation des Gottesgeistes zwischen Reformation und Aufklärung“ des systematischen Theologen Christian Danz lässt sich die Adäquatheit und Zweckmäßigkeit einer solchen Auffassung von „Transformation“ gut zeigen. Danz beschreibt das Selbstverständnis der christlichen Religion, insbesondere des Protestantismus zu Anfang des 19. Jahrhunderts:
„Um 1800 kam es in der Tat zu vielfältigen, sich wechselweise überlagernden Transformationen und Neudeutungen der überlieferten christlichen Religion, deren soziokulturelle Voraussetzungen nicht minder vielschichtig sind als die Formen, in denen die Religion sich Ausdruck schaffte. Die einsetzende gesellschaftliche Modernisierung führte dazu, dass für die Gebildeten die überlieferten Begriffe der Gottheit nicht mehr zu genießen waren […]. Durch einlinige Deutungsmuster wie Säkularisierung oder Entkirchlichung etc. können die Transformationen religiöser Semantiken sowie die vielfältigen religiösen Erneuerungsbewegungen in der Sattelzeit der Moderne nicht angemessen erfasst werden. […] Mit der von Troeltsch diagnostizierten Umformung des Protestantismus in der Aufklärung […] ist der problemgeschichtliche Horizont der nachfolgenden Überlegungen angedeutet. Am Schicksal der Lehre vom Heiligen Geist wird die Transformation des Protestantismus in den Blick genommen.“[47]
Diese Bestandsaufnahme legt es nahe, dass man hier weder sagen wird wollen: „Der Protestantismus ist nicht mehr Protestantismus“, noch: „Der Protestantismus ist eigentlich derselbe geblieben, geändert haben sich nur einige unbedeutende Akzidentien“,[48] sondern es entsteht – vermittelt über den Begriff der Transformation – das Bild eines Vorgangs, für den das Dazwischen wesentlich ist.
An diesem Textstück lässt sich auch die am Anfang dieses Abschnitts angesprochene Funktion eines allgemeinen Begriffs von Transformation demonstrieren: Er ist, da allgemein, auf verschiedene Felder anwendbar und wird von Christian Danz auch tatsächlich auf die zwar verwandten, aber doch verschiedenen Bereiche Religion („Transformationen und Neudeutungen der überlieferten christlichen Religion“), Semantik („Transformationen religiöser Semantiken“) und Protestantismus („Transformation des Protestantismus“) angewendet. Auf diese Weise werden die drei divergenten Felder zusammengehalten und Strukturähnlichkeiten zwischen ihnen sichtbar gemacht.
5) Religion and Transformation (in Contemporary Society) – Modelle
Bisher wurde der Begriff „Transformation“ weitgehend unabhängig von seinem Anwendungsgebiet untersucht, durch die Wahl der Beispiele wurde allerdings ein Bezug zu Religion hergestellt. Im folgenden abschließenden Abschnitt soll nun das Verhältnis zwischen Religion und Transformation explizit behandelt werden.
Wenn von „religion and transformation“ die Rede ist, so stellt diese Formulierung die beiden Begriffe in eine unbestimmtere Beziehung als es etwa „religious transformation“ tun würde. Die sich aus dieser Freiheit ergebenden möglichen Konstellationen des Verhältnisses von Religion und Transformation sollen in Form von Modellen ausgeleuchtet werden.
Das zugrunde gelegte Modell (M) soll zunächst nur klarstellen, dass mindestens dreierlei Transformationen eine Rolle spielen: Transformationen innerhalb von Religionen, innerhalb (säkularer) Gesellschaften und zwischen Religionen und Gesellschaften. Natürlich lassen sich diese Prozesse keineswegs trennen, es geht hier nur um ein modellhaftes Erfassen als mögliche Basis für Strukturierungen von Überlegungen und Untersuchungen.
(M)
Transformation2 kann selbstverständlich auch in die andere Richtung erfolgen bzw. untersucht werden (etwa, wenn man sich die Frage stellt: Wie müssen säkulare Inhalte transformiert werden, damit sie in Religionen ankommen können?). Und ebenso selbstverständlich können auch mehrere Religionen involviert sein. Wenn Kurt Appel ein Plädoyer dafür formuliert, „die Stimmen der Migranten in [Europa] zu hören und einen neuen Friedensnarrativ einer geteilten Öffentlichkeit von Menschen jüdisch-christlicher, säkularer und muslimischer Tradition zu formulieren“,[49] dann ist gewiss eine solche vielstimmige Transformation angesprochen.
Transformation1 steht häufig für sich genommen im Fokus, z.B. Übersetzungen und Hermeneutik von Hl. Schriften.[50] In der Regel wird jede solche Transformation aber auch Auswirkungen auf gesellschaftliche Zusammenhänge haben. Sie kann gleichgerichtet mit der Entwicklung der Gesellschaft – Transformation3 – ablaufen (M1),
(M1)
etwa wenn Religion „mit der Zeit gehen möchte“, wenn es also Tendenzen in einer Religion gibt, sich neueren gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen.
Transformation1 kann aber auch gegengerichtet von statten gehen (M2),
(M2)
z.B. wenn fundamentalistische Bewegungen innerhalb von Religionen auf größere sexuelle Freiheiten in einer Gesellschaft mit besonders strikten Regelungen für das Leben von Jugendlichen reagieren.
Hinzuweisen ist hier noch darauf, dass Transformation1 und Transformation3 keineswegs synchron ablaufen müssen (überhaupt nicht zur selben Zeit),[51] und doch gleich- bzw. gegengerichtet sein können. Gesellschaftliche Entwicklungen wirken sich oft erst mit sehr großer Verzögerung auf Religionsgemeinschaften aus.
Eine dritte Variante von Modell (M) repräsentiert die Vorstellung, dass Religion im Kern unverändert bleibt (M3).
(M3)
Zugrunde liegt einem solchen Religionsverständnis meist die Vorstellung eines ewig-gleichen Gottes. Zwar wird in der gesellschaftlichen Realität kaum eine Religion anzutreffen sein, die tatsächlich keinerlei Änderung unterliegt, als Denkfigur bzw. Religionsverständnis ist diese Auffassung jedoch wichtig und auch sicher wirkmächtig. (Für die Unterscheidung von zwei Betrachtungsebenen, die hier notwendig ist, siehe das Ende dieses Aufsatzes.)
Gegen eine solche Auffassung von Religion richtet sich die von Gianni Vattimo und Pier Aldo Rovatti entwickelte Konzeption des „schwachen Denkens“ („pensiero debole“). Jakob Deibls Aufsatz „Die kenosis des Absoluten als Ausgangspunkt für eine Re-Narration Europas bei Gianni Vattimo“, in dem er das „schwache Denken“ in Zusammenhang mit der Johannes-Apokalypse bringt, stellt einen Fall dar, an dem sich einige der Überlegungen hinsichtlich der Richtungen der Transformationen konkretisieren lassen. Zunächst zeigt sich nämlich schon bei der Lektüre von Vattimo selbst eine interessante Unbestimmtheit in Bezug auf die Richtung von Transformation2. Wenn Vattimo, mit Deibl gesprochen, meint „dass es heute nicht mehr möglich ist, ohne Weiteres von Gottes absoluter Macht zu sprechen – und zwar nicht nur dort, wo man die (aufgeklärte) Position eines kritischen Denkens einnehmen möchte, sondern im religiösen Vollzug selbst scheint diese Rede fragwürdig geworden zu sein“,[52] dann könnte man den Verdacht haben, dass hier eine gesellschaftlich geschwächte Religion (das in Europa schwindende Christentum) auf seine Schwächung damit reagiert, dass es dieses Faktum in seine Theorie gleichsam einbaut. Und Vattimo würde das wohl auch gar nicht abstreiten. Er gilt jedoch als sehr einflussreich und seine Philosophie als sehr innovativ und wirkmächtig, sodass ihr ein Einfluss auf die Gesellschaft nicht abgesprochen werden wird können. Man würde ihr gewiss Unrecht tun, wenn man in ihr nur ein „Transformationsprodukt“ gesellschaftlicher Veränderungen sähe. Nicht nur die Richtung von Transformation2 ist damit uneindeutig, sondern auch die Gleich- oder Gegengerichtetheit von Transformation1 und Transformation3. Denn während zunächst Vattimos „Schwächung“ des Gottesbegriffs zur Schwächung der gesellschaftlichen Position der Religion analog verläuft, ist es durchaus denkbar, dass seine Philosophie das Christentum für Menschen attraktiv macht, die es sonst abgelehnt hätten, und er damit eine gesellschaftliche Transformation anstößt, die der Denkrichtung der „Schwächung“ entgegensetzt von statten geht. Wenn Deibl nun die Johannes-Apokalypse aufruft als „offenen Schluss der Bibel“, die „abgeschlossen […] nur [ist] in der Öffnung ihres Textes für dessen Interpretation“ und sie als „Kritik an jeglichen totalisierenden Phantasmen und den Versuchen, einen absoluten Standpunkt in der Geschichte vorauszusetzen“[53] mit dem „schwachen Denken“ Vattimos in Verbindung bringt, dann wird eine, wie oben angesprochen, zunächst von gesellschaftlichen Wirkungen unabhängige Transformation1 – die Re-Lektüre der Johannes-Offenbarung – in einen gesellschaftlich unmittelbar relevanten Kontext eingebracht.
Transformation2 könnte man grundsätzlich immer als didaktischen Vorgang begreifen oder zumindest didaktische Vorgänge als einen Spezialfall von Transformation2 erachten. Eine um einen Faktor komplexere Variante (M-D) des Modells (M) ergibt sich allerdings, wenn man mit einbezieht, dass auch die Didaktik selbst Transformationsprozessen unterliegt: [54]
(M-D)
Die senkrechten Pfeile können auch gegenläufig sein, meistens aber weisen sie in didaktischen Kontexten wohl in die gleiche Richtung. Die waagrechten Pfeile können jeweils in beide Richtungen zeigen. Für empirische didaktische Forschung, insbesondere Grounded Theory, ist es essentiell, dass die Transformationen von der Didaktik zur Schule und von der Schule in die Didaktik, also in beide Richtungen erfolgen.[55]
In der von Martin Rothgangel thematisierten Trias politischer Aufbruch der 60er Jahre – gesellschaftskritisch verstandene Religion (Sölle, Metz,…) – problemorientierter Religionsunterricht (Nipkow, Gloy,…)[56] lässt sich sehr deutlich jene gleichgerichtete Transformation der Bereiche Gesellschaft – Religion – Didaktik erkennen, die zumindest für die christliche Religion in Westeuropa in der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart im Großen und Ganzen typisch sein dürfte.
Dass gegengerichtete oder zumindest widerständige Transformationen aber durchaus nicht nur als negativ, destruktiv oder reaktionär verstanden werden sollten, argumentiert Andrea Lehner-Hartmann in ihrem Aufsatz „Dem Widerständigen Raum geben. (Religiöses) Lernen jenseits gesellschaftlicher Einpassung“. Zwar zeigen verweigernde Reaktionen wie psychische und physische Erkrankungen, Lernverweigerung oder Stören des Unterrichts „an, dass etwas nicht verstanden wird, dass etwas nicht in Ordnung ist oder dass die Leistungserwartungen überfordernd sind.“[57] Der Widerstand kann aber auch
„vor allem den Lehrenden wie den Bildungsinstitutionen zu lernen geben. Weniger dadurch, dass hektisch nach immer neuen Angeboten und Techniken gesucht wird, sondern dass dem Zögern, Unterbrechen, Verweigern, Verlangsamen, Trödeln eine eigene Dignität zuerkannt wird. In einer leistungsorientierten Gesellschaft mutet dies zunächst irritierend an. Besinnt man sich aber auf einen Wesenszug von Schule, der sich mit Muße charakterisieren lässt, dann erhält diese Überlegung durchaus rettend-bewahrenden Charakter in Bezug auf schulisches Lernen. Religiösem Lernen kommt dabei eine besondere Rolle zu. Dem Nachdenken über Gott und Welt entspricht weniger ein produktorientiertes Vorgehen als ein langsames Sehen und versenkendes Lauschen.[58]
Abschließend seien noch zwei Beispiele genannt, die deutlich machen, dass bzw. inwiefern alle skizzierten Modelle eben nur Modelle sind, die ergänzt, vervielfacht, erweitert oder auf andere Arten modifiziert werden müssen (die aber doch, wie ich hoffe, einen wesentlichen gemeinsamen Zug verschiedener Forschungen treffen).
Das von Peter Biel und Martin Rothgangel entwickelte Konzept der „didaktischen Strukturen“ beruht darauf, dass sich aus (als ganze genommen nicht mehr haltbaren) fachdidaktischen Konzeptionen Strukturen herausdestillieren lassen, die weiter ihre Berechtigung haben. Zumindest für Christentum, Judentum, Islam hält Rothgangel drei Kategorien für wesentlich, denen jeweils eine andere didaktische Struktur am besten gerecht wird: Für den Umgang mit der grundlegenden Tradition (Bibel, Koran,…) erweist sich die hermeneutische Struktur als adäquat, mit Ritualen und Symbolen die symboldidaktische Struktur und mit sittlichen Weisungen (Bergpredigt, 10 Gebote,…) die problemorientierte Struktur.[59] Für das Modell (M-D) bedeutet das, dass die Transformationen von der Didaktik zur „Gesellschaft“ (Schule) (die „waagrechten“ Transformationen) hier von dreierlei Art wären, das Modell also vervielfacht werden muss, sobald – in diesem Fall – die Transformationen zwischen den (sich) transformierenden Größen „Religion“ und „Gesellschaft“ via Didaktik ausdifferenziert werden.
Anhand der Forschung zum Millenarismus[60] kann man sich deutlich machen, dass – unabhängig davon, welcher der Fälle (M1), (M2), (M3) oder auch (M-D) vorliegt – noch zwei Ebenen unterschieden werden müssen, auf denen eine solche Struktur anzutreffen sein kann: Die beiden Ebenen sind einerseits jene der Perspektive der involvierten Akteure, die Gegenstand der Forschung ist, und andererseits die Ebene der Sicht der Forscher selbst. Während die Forscher den Millenarismus[61] als eine Überzeugung innerhalb religiöser Strömungen (Transformation1) ansehen, die auf die Entwicklung der Gesellschaft (Transformation3), zumindest in Europa,[62] eher geringen Einfluss hat (Transformation2), sehen Verfechter irgendeiner Variante von Millenarismus die Situation definitionsgemäß anders: Millenarismus impliziert, dass der Lauf der Dinge der Welt, angesichts des Bevorstehens eines bestimmten Endzustands der Welt, in eine bestimmte Richtung beeinflusst werden soll, dass eine Gesellschaft „außerhalb der Religion“ letztlich aufhören muss zu existieren. Lukas Pokorny schreibt in seinem Aufsatz „Millenarian Retrospects and Prospects: The Post-Mun Unification Movement in Austria“ eingangs sehr allgemein über die Vereinigungsbewegung:
„The very essence of Unification thought is the pursuit of transformation; humankind’s transition from asebeia to eusebeia, or the change towards a better world entrenched in godliness and familial piety in keeping with the Unificationist ideal of ‘one family under God’ (hananim arae han kajok).“[63]
Für einen Anhänger einer Version von Millenarismus ist Transformation3 also in wesentlicher Hinsicht immer schon eine Transformation1 – eine Sichtweise, die sich von jener der Forscher offensichtlich unterscheidet und somit unterschiedliche Modelle für die beiden Ebenen erforderlich macht.
Die nachfolgende Aufstellung soll exemplarisch belegen, in wie vielfältiger Weise der Topos „Transformation“ in den Publikationen von RaT seinen Niederschlag findet.
Herangezogene Beiträge von RaT-Mitgliedern
Appel, Kurt: Der Text als Subjekt. Methodische Überlegungen zum vorliegenden Band, in: Kurt Appel (ed.): Preis der Sterblichkeit. Christentum und Neuer Humanismus (QD 271). Freiburg: Herder 2015, pp. 14–60.
Appel, Kurt: Entsakralisierung als Heiligung der Kirche. Rosminis Diagnose der Plagen der Kirche und ihre gegenwärtige Aktualität, in: Rosmini-Studies 5 (2018), pp. 35–48.
Appel, Kurt: Religion und Zivilgesellschaft – Ein Plädoyer für einen neuen Narrativ, in: Newsletter für Engagement und Partizipation in Europa (Bundesnetzwerk Bürgergesellschaftliches Engagement), Nr. 4 (2017).
Appel, Kurt: Vom Preis des Gebets, in: Kurt Appel (ed.): Preis der Sterblichkeit. Christentum und Neuer Humanismus (QD 271). Freiburg: Herder 2015, pp. 186–228.
Danz, Christian: Die Realisierung des religiösen Heils in der Geschichte. Anmerkungen zur Transformation des Gottesgeistes zwischen Reformation und Aufklärung, in: Hans Schelkshorn/Herman Westerink (ed.): Transformation(en) und Moderne. Philosophisch-theologische Erkundungen (Religion and Transformation in Contemporary European Society 12). Göttingen: Vienna University Press bei V&R unipress 2017, pp. 45–59.
Deibl, Jakob: Transformationen von Religion und Europa, in: Miroslav Kunstat/Jaroslav Sebek/Hildegard Schmoller (ed.): Kirche, Religion und Politik in Österreich und in der Tschechoslowakei im 20. Jahrhundert (Schriftenreihe der Ständigen Konferenz österreichischer und tschechischer Historiker zum gemeinsamen kulturellen Erbe 3). Wien: LIT 2019, pp. 65–79.
Deibl, Jakob: Die kenosis des Absoluten als Ausgangspunkt für eine Re-Narration Europas bei Gianni Vattimo, in: Rebekka A. Klein/Friederike Rass (ed.): Gottes schwache Macht: Alternativen zur Rede von Gottes Allmacht und Ohnmacht. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2017, pp. 35–54.
Deibl, Jakob: Vom Namen Gottes und der Eröffnung neuer Sprachräume: Theologisch-sprachkritische Erwägungen im Ausgang von Bibel, Hölderlin und Rilke, in: Kurt Appel (ed.): Preis der Sterblichkeit. Christentum und Neuer Humanismus (QD 271). Freiburg: Herder 2015, pp. 61–125.
Grohmann, Marianne: Rezeption und Übersetzung. Jüdische und christliche Transformationen der Hebräischen Bibel, in: Marianne Grohmann/Ursula Ragacs (ed.): Religion übersetzen. Übersetzung und Textrezeption als Transformationsphänomene von Religion (Religion and Transformation in Contemporary European Society 2). Göttingen: Vienna University Press bei V&R Unipress 2012, pp. 13–30.
Grohmann, Marianne/Siquans, Agnethe: Literarische Transformationen sexueller Gewalt in der Hebräischen Bibel, in: Religion, Transformation, and Gender. Interdisciplinary Journal for Religion and Transformation in Contemporary Society 3 (2/2017), pp. 157–184.
Hammer, Stefan: Öffentliche Religionen zwischen Kulturalismus und säkularer Vernunft, in: Kurt Appel/Isabella Guanzini (ed.): Europa mit oder ohne Religion? II (Religion and Transformation in Contemporary European Society 10). Göttingen: Vienna University Press bei V&R Unipress 2016, pp. 167–180.
Hödl, Hans Gerald: „Aladura: Ritualwandel in Westafrikanischen Kirchen“, in: Hans Gerald Hödl/Johann Pock/Teresa Schweighofer (ed.): Christliche Rituale im Wandel: Schlaglichter aus theologischer und religionswissenschaftlicher Sicht (Wiener Forum für Theologie und Religionswissenschaft 14). Göttingen: Vienna University Press bei V&R Unipress 2017, pp. 41–61.
Gerhard Langer: Der geteilte Mensch. Einige Gedanken zu Schöpfung, Transformation und Geschlecht in der rabbinischen Tradition, in: Religion, Transformation, and Gender. Interdisciplinary Journal for Religion and Transformation in Contemporary Society 3 (2/2017), pp. 185–213.
Lehner-Hartmann, Andrea: Dem Widerständigen Raum geben. (Religiöses) Lernen jenseits gesellschaftlicher Einpassung, in: Thomas Krobath/Andrea Lehner-Hartmann/ Regina Polak (ed.): Anerkennung in religiösen Bildungsprozessen. Interdisziplinäre Perspektiven (Wiener Forum für Theologie und Religionswissenschaft 8). Göttingen: Vienna University Press bei V&R Unipress 2013, pp. 165–176.
Lohlker, Rüdiger: Collective Organizers: Lone Wolves, Remote Control, and Virtual Guidance, in: Rüdiger Lohlker (ed.): World Wide Warriors: How Jihadis Operate Online (Religion and Transformation in Contemporary European Society 14). Göttingen: Vienna University Press bei V&R Unipress 2019, pp. 9–41.
Lohlker, Rüdiger: Geschichtstheologie aus eschatologischer Sicht, in: Rüdiger Lohlker (ed.): Arabische Miszellen. Studien zur arabischen Welt (Schriftenreihe Schriften zur Kulturwissenschaft). Hamburg: Verlag Dr. Kovac 2019, pp. 3–20.
Pokorny, Lukas: Millenarian Retrospects and Prospects: The Post-Mun Unification Movement in Austria, in: Hans Gerald Hödl/Lukas Pokorny (ed.): Religion in Austria, Vol. 2. Wien: Praesens 2014, pp. 127–179.
Pokorny, Lukas: The Millenarian Myth Ethnocentrized: The Case of East Asian New Religious Movements, in: Nickolas P. Roubekas/Thomas Ryba (ed.): Explanation and Interpretation: Theorizing About Religion and Myth. Leiden – Boston: Brill, im Erscheinen.
Potz, Richard: Religiöse Pluralisierung der Zivilgesellschaft als Herausforderung des säkularen Rechtsstaats, in: Kurt Appel/Isabella Guanzini (ed.): Europa mit oder ohne Religion? II (Religion and Transformation in Contemporary European Society 10). Göttingen: Vienna University Press bei V&R Unipress 2016, pp. 151–165.
Rosenberger, Sieglinde: Political Protest in Asylum and Deportation, in: Sieglinde Rosenberger/Verena Stern/Nina Merhaut (ed.): Protest Movements in Asylum and Deportation. Cham: Springer 2018, pp. 3–25.
Rothgangel, Martin/Bayrhuber, Horst (Hg.): Auf dem Weg zu einer Allgemeinen Fachdidaktik: Allgemeine Fachdidaktik, Vol. 1. Münster – New York: Waxmann 2017.
Rothgangel, Martin: Religionspädagogische Konzeptionen und didaktische Strukturen, in: Martin Rothgangel/Gottfried Adam/Rainer Lachmann (ed.): Religionspädagogisches Kompendium. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013, pp. 73–91.
Rothgangel, Martin/Schelander, Robert: Schüler/in – Empirische Methoden zur Wahrnehmung, in: Martin Rothgangel/Gottfried Adam/Rainer Lachmann (ed.): Religionspädagogisches Kompendium. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013, pp. 207–221.
Schelkshorn, Johann/Wolfram, Friedrich/Langthaler, Rudolf (ed.): Religion in der globalen Moderne. Philosophische Erkundungen. Wien: Vienna University Press 2014.
Schelkshorn, Johann/Ben Abdeljelil, Jameleddine (ed.): Die Moderne im interkulturellen Diskurs. Perspektiven aus dem arabischen, lateinamerikanischen und europäischen Denken. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2012.
Schelkshorn, Johann: Entgrenzungen. Ein europäischer Beitrag zum Diskurs der Moderne. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2009.
Literatur
Aristoteles: Physik. Vorlesung über die Natur. (ed. Hans Günter Zekl). Band 1: Buch I–IV. Hamburg: Meiner 1986.
Brie, Michael/Reißig, Rolf/Thomas, Michael (ed.): Transformation. Suchprozesse in Zeiten des Umbruchs. Münster u.a.: LIT 2016.
Brie, Michael: Definitionen, historische Rückblicke und Methoden. Bemerkungen zu drei offenen Fragen der Transformationsforschung, in: Michael Brie/Rolf Reißig/Michael Thomas (ed.): Transformation. Suchprozesse in Zeiten des Umbruchs, Münster u.a.: LIT 2016, pp. 113–143.
Brunn, Moritz/Ettrich, Frank/Fahlbusch, Jan H./Kollmorgen, Raj/Spreckelsen, Thees/Thumfart, Alexander (ed.): Transformation und Europäisierung. Eigenarten und (Inter-)Dependenzen von postsozialistischem Wandel und Europäischer Integration, Münster: LIT 2010.
Faix, Tobias/Stängle, Gabriel: Warum wir über Transformation reden, in: Tobias Faix/Johannes Reimer/Volker Brecht (ed.): Die Welt verändern. Marburg: francke 2009, pp. 11–23.
Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bde in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Online-Version vom 03.08.2019. Eintrag „Transformation“. [zitiert als Grimm]
Kollmorgen, Raj/Merkel, Wolfgang/Wagener, Hans-Jürgen (ed.): Handbuch Transformationsforschung, Wiesbaden: Springer 2015.
Künkler, Tobias: Wen oder was soll Gesellschaftstransformation eigentlich transformieren? Der Beitrag der Soziologie zur Gesellschaftstransformation, in: Tobias Faix/Johannes Reimer/Volker Brecht (ed.): Die Welt verändern. Marburg: francke 2009, pp. 111–117.
Leibfried, Stephan/Huber, Evelyne/Lange, Matthew/Levy, Jonah D./Nullmeier, Frank/Stephens John D. (ed.): The Oxford Handbook of Transformations of the State. Oxford: Oxford University Press 2015
Liddell, Henry George/Scott, Robert: A Greek-English lexicon. Oxford: Oxford Clarendon Press 1968 [zitiert als Liddell&Scott]
Lienemann-Perrin, Christine/Lienemann, Wolfgang (ed.): Kirche und Öffentlichkeit in Transformationsgesellschaften. Stuttgart: Kohlhammer 2006.
Reißig, Rolf: Gesellschaftstransformation heute, in: Michael Brie/Rolf Reißig/Michael Thomas (ed.): Transformation. Suchprozesse in Zeiten des Umbruchs, Münster u.a.: LIT 2016, pp. 41–63.
Thomas, Michael: Transformation und Regionalisierung – Versuch eines produktiven Umgangs mit inflationären Leitbegriffen, in: Michael Brie (ed.): Futuring. Perspektiven der Transformation im Kapitalismus über ihn hinaus. Münster: Westfälisches Dampfboot 2014, pp. 281–302.
Thomas, Michael: Im Schatten der Großen Transformation, in: Michael Brie/Rolf Reißig/Michael Thomas (ed.): Transformation. Suchprozesse in Zeiten des Umbruchs. Münster u.a.: LIT 2016, pp. 13–39.
Turowski, Jan: Diskurs über Transformation – Transformation als Diskurs, in: Michael Brie/Rolf Reißig/Michael Thomas (ed.): Transformation. Suchprozesse in Zeiten des Umbruchs. Münster u.a.: LIT 2016, pp. 89–111.
[1] Für einen Überblick über die Geschichte der Transformationen von Religionen verweise ich in Bezug auf Europa auf Jakob Deibls Aufsatz mit dem entsprechenden Titel „Transformationen von Religion und Europa“ (Deibl, Religion und Europa). Zur Notwendigkeit, auch außereuropäische philosophische Ansätze einzubeziehen, um ein adäquates Bild der Globalen Moderne zu bekommen, siehe die Arbeiten von Johann Schelkshorn (z.B. Religion in der globalen Moderne, Die Moderne im interkulturellen Diskurs, Entgrenzungen). Für mehr siehe den RaT-Forschungsschwerpunkt Transformationen von Religion und Philosophie in der Globalen Moderne.
[2] Aristoteles, Physik, I, 7.
[3] Liddell&Scott, p. 1114.
[4] „metamorphosis“ wird in Bezug auf Christus im Deutschen in der Regel als „Verklärung“ übersetzt.
[5] im Sinne der Umwandlung von Stoffen (in der Alchemie), z.B.: „wiewol dieselbig transformation nicht magice geschehen war“ (so Paracelsus 1616), und im Sinne von Metamorphose: „wie der bösz tüffel in ein engel des liechts und die unwarheit in schin der warheit transformieret und verstaltet“ (Murner), „wie die schön Germania durch arge list und zauberey ist zur bäpst eselin transformiert worden“ (Gengenbach), „ez sprichet Paulus: wir werden alzemâle transformieret in got unde verwandelt“ (Meister Eckhart). Siehe Grimm.
[6] Auch die Mathematik verwendet zu dieser Zeit den Begriff „Transformation“ bereits, siehe Grimm.
[7] Siehe Faix/Stängle, Transformation, p. 11.
[8] Siehe z.B. Rothgangl/Bayrhuber, Allgemeine Fachdidaktik (p. 165, 167); dort wird „Transformation“ in einem in der Didaktik üblichen Sinn verwendet.
[9] Siehe Leibfried/Huber/Lange/Levy/Nullmeier/Stephens, Transformations of the States, Part IV.
[10] Siehe Kollmorgen/Brunn/Ettrich/Fahlbusch/Spreckelsen/Thumfart, Transformation und Europäisierung; Kollmorgen/Merkel/Wagener, Handbuch Transformationsforschung und Leibfried/Huber/Lange/Levy/Nullmeier/Stephens, Transformations of the States.
[11] Siehe z.B. Lienemann-Perrin/Lienemann, Kirche und Öffentlichkeit. Untersucht werden einerseits die Bedeutung von Kirchen (und fallweise zum Vergleich auch des Islam) für das öffentliche Leben, andererseits ihr theologisches Selbstverständnis in Südafrika, Mosambik, Brasilien, Südkorea, Philippinen und Indonesien, wo in den 1970er bis 1990er Jahren ein Wechsel von einem autoritären zu einem demokratischen politischen System stattgefunden hat.
[12] „Wird etwa stärker von Karl Polanyi ausgegangen, dann überwiegen Institutionenperspektive und Gesellschaftsvertrag, wird eher von Antonio Gramsci ausgegangen, dann Interessenkonstellationen und Prozessperspektive.“ (Thomas, Transformation und Regionalisierung, p. 281)
[13] auf neoliberal präformierte wirtschaftliche und gesellschaftliche Umbauprozesse, historische Zäsuren wie den Übergang zum Sozialismus, den New Deal in den USA, Künstlerbewegungen im Rahmen der 68-er Proteste,… (siehe Thomas, Im Schatten der Großen Transformation, pp. 17–18)
[14] Siehe z.B. Brie, Definitionen, pp. 114–115.
[15] Siehe z.B. Turowski, Diskurs über Transformation, p. 96.
[16] Z.B.: „[S]o wäre die Aufgabe von Gesellschaftstransformation: Formen der Wechselwirkung im Sinne eines biblischen, ganzheitlichen Heils zu ermöglichen und zu fördern.“ (Künkler, Gesellschaftstransformation, p. 115)
[17] „[K]ritische Transformation [zielt] auf einen ‚epochalen Bruch‘ menschlicher, gesellschaftlicher Entwicklung, der die Moderne – als Entwicklung, die über den Kapitalismus hinausgreift, durch diesen aber wesentlich geprägt wurde und wird – selbst ‚verabschiedet‘.“ (Thomas, Im Schatten der Großen Transformation, p. 15)
[18] Thomas, Transformation und Regionalisierung, p. 281
[19] Thomas, Transformation und Regionalisierung, p. 281
[20] Zur Geschichte des Transformationsbegriffs in den Sozialwissenschaften siehe zB Thomas, Transformation und Regionalisierung.
[21] Mündliche Feststellung von Thomas Poiss. (Nur göttliche Personen verwandeln sich übrigens nicht.)
[22] Langer, Der geteilte Mensch, p. 187.
[23] Langer, Der geteilte Mensch, p. 191.
[24] Langer, Der geteilte Mensch, p. 192.
[25] Langer, Der geteilte Mensch, p. 193.
[26] Für mehr siehe die RaT-Forschungsschwerpunkte „Transformation im urbanen Raum: Migration und Religion“, „Religion und Transformation in Österreich“ und „Soteriologische Transformationen: Millenarismus“.
[27] Hödl, Aladura, p. 41.
[28] Hödl, Aladura, p. 56.
[29] Hödl, Aladura, p. 42.
[30] Gelegentlich kommt es auch vor, dass „Transformation“ über eine Konjunktion mit einem verwandten Begriff und so von ihm eigentlich unterschieden wird: „For social movement studies, it has become almost self-evident that individuals and networks engaged in political, social and cultural conflicts lobby for social change. The primary goal of progressive protests and social movements is change and transformation […]; for right-wing groups it is undoing change […].” (Rosenberger, Political Protest, p. 12)
[31] Lohlker, Collective Organizers, p. 41.
[32] Lohlker, Geschichtstheologie, p. 8.
[33] Rosenberger, Political Protest, p. 3.
[34] Hammer, Öffentliche Religionen.
[35] Potz, Religiöse Pluralisierung, p. 151.
[36] Hödl/Pock/Schweighofer, Christliche Rituale, p. 10.
[37] Grohmann, Transformationen der Hebräischen Bibel, p. 16.
[38] Grohmann, Sexuelle Gewalt.
[39] Deibl, Vom Namen Gottes, p. 116.
[40] Appel, Rosminis Diagnose, p. 36. Appel spricht von den Möglichkeiten, aber auch von den Grenzen einer solchen Transformation der Kritik. Die Grenzen sieht er darin, dass sie „in letzter Konsequenz die Heiligkeit, die Liebe und die Demut des Vorbildes voraussetzen würde.“ (Appel, Rosminis Diagnose, p. 36) Die Transformation einer Kritik in eine Kritik unter anderen Umständen kann also – in diesem Fall – nicht unabhängig davon gesehen, wer der Äußerer der Kritik ist; Transformation wäre dann personenindiziert.
[41] Appel, Text als Subjekt, p. 43.
[42] Appel, Preis des Gebets, p. 218.
[43] Reißig, Gesellschaftstransformation, p. 42.
[44] Thomas, Im Schatten der Großen Transformation, p. 17.
[45] Gemeint wäre als ein rhetorischer Begriff.
[46] Gemeint ist dieser Ausdruck hier natürlich nicht im christlich-theologischen Sinn, sondern als Veränderung der Substanz.
[47] Danz, Realisierung des religiösen Heils, p. 46.
[48] Würde man von „Veränderung“ sprechen, blieben diese Optionen vielleicht mehr offen.
[49] Appel, Religion und Zivilgesellschaft.
[50] Siehe den RaT-Forschungsschwerpunkt Ästhetische und normative Transformationen religiöser Texte.
[51] Nachdenkenswert ist vielleicht, dass Religion ihre Transformationen mehr zu integrieren scheint als Geschichte es sonst tut bzw. in der Lage ist. (Geschichtsauffassungen, wie z.B. in der Philosophie Hegels, die das auch versuchen, haben starke Affinitäten zu Religion.)
[52] Deibl, Kenosis des Absoluten, p. 37.
[53] Deibl, Kenosis des Absoluten, p. 38.
[54] Siehe den RaT-Forschungsschwerpunkt „Religiöse Bildung im Kontext von Transformationsprozessen“.
[55] Siehe etwa Rothgangel/Schelander, Schüler/in.
[56] Rotgangel, Didaktische Strukturen, p. 80–81.
[57] Lehner-Hartmann, Dem Widerständigen Raum geben, p. 169.
[58] Lehner-Hartmann, Dem Widerständigen Raum geben, p. 169.
[59] Rothgangel, Didaktische Strukturen, p. 90.
[60] Siehe den RaT-Forschungsschwerpunkt Soteriologische Transformationen: Millenarismus.
[61] Mit „Millenarismus“ sei hier immer ein religiöser Millenarismus gemeint.
[62] Zum Millenarismus und seinen Einfluss in Ostasien siehe Pokorny, Millenarian Myth Ethnocentrized.
[63] Pokorny, Millenarian Retrospects and Prospects, p. 127.
Bildquelle: Pixabay/Foto Riet
Rat-Blog Nr. 12/2020
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